Dienstag, 8. Juli 2014

Welches Image hat eigentlich Schokolade? (Ernährungspsychologie - Teil 2)

Also im Moment ist die Quengelei des Juniors nach Schokolade echt nervtötend.
Mittlerweile geht's schon zum Frühstück los und Nachgeben führt nur dazu, dass er noch mehr verlangt... Und inzwischen hat er es schon so drauf, dass er den Finger hebt und mit leiser, säuselnder Stimme sagt: "Lalja? Dlein? Ja?"
Übersetzt: Schokolade? Ein kleines Stück? Okay?
Ich will ja nicht böse sein, aber das hat schon was von einem bettelnden Süchtigen... "Komm, gib mir was! Nur ein bisschen. Bitte!"

Ich merke, der Koch und ich lassen uns davon mächtig stressen. Und reagieren zu heftig, zu ablehnend.
Zeit, sich zu sammeln. Und sich auf die theoretischen Grundlagen zu besinnen.

Denn eigentlich glaube ich grundsätzlich (und aus eigenen Kindheits-Erlebnissen) an das Prinzip "Je heftiger man verbietet, desto interessanter wird es." Und das gilt schließlich auch fürs Essen. 
"Verbote [...] bergen eine Gefahr: Sie machen eine Sache erst so richtig begehrenswert," so auch die Autorin Gabi Eugster. Aber gar keine Regeln sind auch keine Lösung, denn die Kleinen können die Folgen ihres Tuns, in dem Fall ihres Essens, ja noch nicht abschätzen. "Es geht darum, sich auf die Hauptsache zu konzentrieren und 'Nebenkriegsschauplätze' zu meiden."
Die Eltern bestimmen das Angebot, das ist die Hauptsache. Was und wie viel der kleine Mann davon annimmt, bleibt ihm überlassen.

So weit klappt das ja auch. Und mir ist bewusst, wir jammern auf hohem Niveau, denn der Kerl isst ja so gut wie alles, was wir ihm anbieten.
Aber jetzt ist dieser 'Nebenkriegsschauplatz' nunmal da. Und lässt sich auch durch Anbieten von Alternativen, nicht weg-ablenken. Wir haben jetzt überlegt, Schokolade für den Moment mal aus dem Angebot zu streichen, sprich: Ihm mal den leeren Schrank zu zeigen. Aber blöd ist er ja nicht. Deshalb vermute ich, er wird mir - trotz beschränkter sprachlicher Möglichkeiten - mitteilen: Dann geh halt einkaufen. (Also fügen wir dem Angebot lieber selbstgebackene Schoko-Kekse mit weniger Zucker hinzu.)
Und Lügen kommt für mich und den Koch nicht in Frage. Ich weiß noch, wie wir bei einer großen Fastfood-Kette erlebt haben, wie eine Mutter ihrem etwa Sechsjährigen erzählen wollte: "Cola ist leer. Und Fanta auch. Es gibt nur noch Apfelschorle und Milch."
Mann, dann geh halt nicht mit ihm da hin, wenn er keine süßen Getränke kriegen soll! Der ist ein Kind, nicht doof!

Andererseits lässt es sich auch nicht wegdiskutieren. Was soll ich einem kleinen Knirps was von langfristigen Ernährungsfolgen erzählen, das versteht ein Zweijähriger sowieso nicht. Und ein Fünfjähriger im Übrigen auch nicht. Meine Lektüre empfiehlt deshalb nur Erklärungen, die "kurzfristige Vorteile" aufzeigen.
Du hast Hunger? Dann iss lieber eine Banane, die macht satt und gibt Energie! Dann kannst Du viel besser toben!
Aber auch das, glaube ich, hat seine Grenzen.

"Nahrungsmittel haben nicht nur einen objektiven, sondern auch einen subjektiven Wert," lese ich weiter. "Einen Imagewert, der unabhängig von Geruch, Geschmack, Aussehen und Nährwert ist. Die Werbung arbeitet stark mit diesem Imagewert oder schafft diesen erst."
Na, den Imagewert kennt der kleine Mann ja nun noch nicht, denke ich so bei mir. Oder?
Na ja, was schenken ihm denn die Nachbarn, wenn sie ihm eine Freude machen wollen? Und bei was sonst sagt die Mama so oft "Das heben wir uns noch auf," (Wieso eigentlich 'wir' und 'uns'? Es geht doch nur um ihn...) als ob es sich um einen wertvollen Schatz handelt? Ich stelle fest, damit machen wir es selbst zu etwas Besonderem. Den Imagewert macht im Moment nicht die Werbung. Den machen wir.

"Gegen den Imagewert [...] können Eltern wenig ausrichten, schon gar nicht, indem sie solche Produkte verbieten. Denn ein Verbot steigert den Imagewert weiter. Besser das 'Fun Food' hin und wieder und ohne eine Miene zu verziehen erlauben und unter den erlaubten 20 % 'weniger ideale Nahrung' abbuchen." 
Das schreibe ich mir hinter die Ohren. (Und rechne mal, ob wir überhaupt nah an die 20-Prozent-Grenze kommen...)

Und ansonsten gilt wie immer der Spruch:
Es ist nur eine Phase.


Quellen: Gabi Eugster "Kinderernährung gesund & richtig" - 2012,  an den Spruch hat mich ein Artikel von Vielebienchen erinnert

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